Beruflicher Background
Ich habe Betriebswirtschaft und auch ein wenig Rechtswissenschaft und Psychologie studiert. Mit meinem jetzigen Beruf bin ich schon als Student in Berührung gekommen: 1977 habe ich als Tutor in einem Einführungstutorium an der Wirtschaftsuniversität erstmals gegen Geld eine Gruppe geleitet. Seit 1982 bin ich selbständig als Trainer tätig, später auch als Moderator, Unternehmensberater und Großgruppenbegleiter. Von 1986 bis 2001 war ich als Mitgründer, Miteigentümer und Geschäftsführer der TRAIN Management-Trainings und Organisations-BeratungsgmbH tätig. Seither bin ich freier Berater und Prozessbegleiter.
Stationen einer beruflichen Entwicklung: Die Sterne in meiner Entwicklung
In mehr als 30 Jahren habe ich soviel an Einflüssen aufgesaugt, Ausbildungen genossen und imponierende Persönlichkeiten kennen gelernt, dass es mir ein wenig schwer fällt, den Überblick zu bewahren. Doch gibt es Stationen bei denen ich halt gemacht habe, die mir mehr bedeuten als andere.
Die Anfänge: Gruppendynamik
Ende der 70er Jahre, als ich erstmals den Blick von der Betriebswirtschaft hob, stach mir sofort die Gruppendynamik ins Auge. Das klassische T-Gruppentraining dauerte 5 Tage und begann mit dem Autoritätsproblem der Auseinandersetzug mit dem Trainer- und endete in emotionaler Umarmung der Gruppe. Wir waren alle gebannt von der Urgewalt, die hier in den Gruppen losbrach. Es war mehr als nur eine Aufarbeitung der verknöcherten 50er und 60er Jahre, es war revolutionär! Die kleine Gruppendynamikszene rund um die ÖGGG (Österreichische Gesellschaft für Gruppendynamik und Gruppenpädagogik) war jahrelang meine emotionale Heimat und da waren viele Platzhirsche, die mich forderten, förderten und beeinflussten. Ich möchte nur Rudi Wimmer nennen, dessen Arbeit mich bis spät in die 90er beeinflusst hat.
Die erste Praxis:
Die 80er Jahre waren für mich die Zeit der beruflichen Etablierung als Kommunikations- und Führungstrainer, im damals üblichen 3-Tagesformat. Ich habe in dieser Zeit in jeder Hinsicht viele Kilometer gemacht und das solide Knowhow, das ich in den Jahren der Tutorenausbildung und Tutorentätigkeit und bei den Gruppendynamikern mitgenommen habe, angewendet und weiterentwickelt. Und wir haben TRAIN gegründet und aufgebaut, das war nicht nur mein Arbeitsplatz, sondern auch der Aufbau meiner Identität als Unternehmer. Ich möchte an dieser Stelle Niki Harramach, Walter Csuvala und last but not least Ruth Seliger danken, die diese turbulente Zeit mit mir teilten.
Die systemische Wende:
Die 90er Jahre brachten für mich drei entscheidende Wenden: Beinahe gleichzeitig habe ich 91/92 die klassische Ausbildung der Wirtschaftskammer zum Unternehmensberater nebst Gewerbescheinprüfung absolviert (ja, die gab es damals noch!) und bin in die Welt der systemischen Beratung beim Heidelberger Institut eingetaucht. Fritz Simon und Gunthard Weber haben uns zunächst als Ausbildner, später als Mentoren und Kollegen die Augen für die systemische Welt geöffnet. Die systemische Theorie und die Kunst der systemischen Fragetechnik haben uns gleichzeitig verwirrt und fasziniert. Einerseits war unsere herkömmliche Art die Welt und unsere Profession zu sehen nachhaltig verstört, andererseits waren plötzlich Instrumente zur Hand, die wie Zauberei wirkten.
In der Summe hat sich in diesen Jahren mein Selbstverständnis immer mehr weg vom Trainer, zu einer neuen Identität als Berater und Begleiter hin geführt. Die systemische Denke ist mir als solide Basis geblieben.
Mitte der 90er habe ich meine Seele als Lehrer entdeckt: Mit dem Aufbau der TRAIN-Werkstatt, einem Weiterbildungsprogramm, das sich an Trainer und Berater richtete, habe ich erstmals die Seite gewechselt und bin zum Trainer-Trainer und Berater-Trainer geworden. Im Laufe dieser Jahre habe ich wohl 30 Seminare für KollegInnen geleitet und co-geleitet. Diese Leidenschaft brennt noch immer in mir. Ich möchte allen TeilnehmerInnen dafür danken, was ich mit Ihnen gemeinsam über die Hintergründe und Feinheiten unseres Berufes lernen durfte. Es macht mich stolz, meine Erfahrung und mein Knowhow zu teilen und immer weiter dabei selbst zu lernen.
Die Großen Gruppen:
Ende der 90er Jahre öffnete sich wieder eine neue Welt: Matthias zur Bonsen brachte die Methoden der Großen Gruppen aus Amerika nach Österreich. Jahrzehnte lang hatten wir gepredigt 12 Personen pro Gruppe für optimales Arbeiten und dann plötzlich 100, 200 oder mehr Menschen in einem Raum. Und es funktioniert! Unglaublich. Großgruppe hat auch gut zu systemisch gepasst. Für mich als Professionist war es das endgültige Ende der freihändigen, improvisierten Arbeit in Workshops, wie ich es noch aus Zeiten der Gruppendynamik irgendwie gewohnt war. Klare Ziele und detaillierte Vorausplanung von in sich stimmigen Abläufen war nun angesagt. Alle Ressourcen frei machen für die Steuerung der brodelnden Emotionalität in der Gruppe und eintauchen!
2001 nahm ich bei TRAIN meinen Abschied und widmete mich vollständig der Kunst der Großgruppenarbeit. Ich tauchte tief in die internationale Großgruppenszene ein und lernte die Pioniere Harrison Owen, Marvin Weisbord und Sandra Janoff, David Cooperrider und Diana Whitney, Paul Tolchinsky und Sylvia James kennen, lernte, diskutierte, verstand, saugte auf.
Sie alle hatten eines gemeinsam, eine Mission: „To make the world a better place“, wie es Marvin Weisbord einmal ganz explizit geschrieben hat. Man kann es spüren und in lichten Momenten, oft Jahre danach, habe ich verstanden, was Sie damit gemeint haben. Ich habe mehr als 100 Veranstaltungen mit Großgruppenformaten gemacht und bin langsam von einem oberflächlichen Anwender zu einem profunden Kenner geworden. Und ich habe gelernt, dass dahinter eine ungeheure Kraft steckt, die Menschen bei wichtigen Themen in Gruppen für sich nützen können: Selbststeuerung und Selbstorganisation.
Erst vor kurzem habe ich bei Malcolm Knowles, einem der amerikanischen Pioniere der Andragogik seine „Basic assumptions for adult learning“ nachgelesen. Siehe da: an erster Stelle steht selfdirection. Das hätte ich schon vor 30 Jahren lesen können, aber damals hätte ich es nicht gespürt und nicht wirklich mit dem Herzen verstanden.
Genuine Contact:
Nach all diesen Jahren war es wohl Zeit für eine Integration. Genuine Contact von Birgitt Williams hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Birgitt Williams galt viele Jahre als enge Vertraute von Harrison Owen, als die Mutter des Open Space, bis sie sich mit Ihrem Mann Ward zum Aufbau einer eigenen integrativen Schule entschloss.
Ich möchte dazu eine kleine Geschichte erzählen. Ich war ungefähr 2003 erstmals Teilnehmer in einem Seminar bei ihr (ich glaube sie gab Advanced Open Space Technology), als sie erzählte, wie sie von einem Kunden gefragt worden sei, wie sie sich auf einen Open Space vorbereite. Sie antwortete: „I practice every day“. Ich glaube, in meinem ganzen beruflichen Leben hat mich kein einzelner Satz so beeinflusst wie dieser. Als practitioner von Open Space war mir klar, wie bedeutend die Moderation der Anfangsphase in diesem Format ist und es war mir unmittelbar einsichtig, dass die Gegenwärtigkeit in diesen Minuten ein Schlüssel zum Erfolg einer Veranstaltung ist. Oh ja, das hat mein Leben verändert. Gegenwärtigkeit ist das Ergebnis von täglicher Übung. Und das hat nicht nur meiner Arbeit seeehr gut getan.
Ich habe danach das Ausbildungsprogramm absolviert und es hat mich ermutigt, mich auf die Suche nach meinem eigenen inneren professionellen Kern, der Essenz meines Beitrages für die Welt nach 30 Jahren lernen, anwenden und unterrichten, zu begeben.
Vieles wird plötzlich verblüffend einfach.
Die Moderationswerkstatt beginnt
2007 habe ich durch Anfragen von außen meine Lehrtätigkeit in offenen Seminaren wieder aufgenommen, die mit stetigem Wachstum in der Moderationswerkstatt „Fine Art of Facilitation“ mündete. Jetzt ist schon das 15-jähriges Jubiläum gefeiert – eigentlich ein Wahnsinn für einen Freelancer im so umkämpften Weiterbildungsmarkt.
Ein wichtiger Verknüpfungspunkt zwischen beruflich und privat in meinem Leben ist das Wohnprojekt Wien. Hier komme ich 2011 das erste Mal mit Soziokratie als Konzept des partizipativen Gestaltens in Berührung.
Was zunächst als ein Seitenaspekt der Gemeinschaftsentwicklung wirkt, stellt sich für mich zunehmend völlig neue professionelle Qualität heraus: Die Soziokratische Kreismethode. –Inzwischen habe ich die Ausbildung gemacht und bn vom Soziokratiezentrum Österreiche feierlich zum Soziokratiebotschafter ernannt worden. Soziokratie verwirklicht als ausgearbeitetes und erprobtes Konzept in gewisser Weise, was ich vor mehr als 20 Jahren bei der Gründung meiner damaligen Firma TRANSFORMATION Unternehmensentwickung als drei zentrale Geschäftsfelder definert habe: Die Bearbeitung von Strategie – Struktur – Kultur.
Die Relevanz wird sich in weiterer Folge als sehr bedeutsam herausstellen – siehe auch Laloux und die Folgen.
Und auch John Croft und Dragon Dreaming Project Design ist ein Entwicklungsstrang, der eng mit dem Wohnprojekt Wien verbunden ist. Die Pioniergruppe des Hauses war das erste Projekt in Österreich das „Drachenträumen“ durfte. Dragon Dreaming wurde dann für mich auf der fachlichen Ebene ein großartiger Weg um Projekte gelingen zu lassen. Auf der höchstpersönlichen Ebene wurde es für mich die Begegnung mit meinen „Drachen“ beim Träumen und Feiern.
Fredric Laloux und die Folgen
Die Begegnung mit Fredric Laloux und „Reinventing Organizations“ ist weniger ein Wendepunkt als eine Bestätigung: Eigentlich steckt in den Beispielen des Buches alles das drin, wofür ich all die Jahre gestanden bin. Plötzlich hat es einen Namen und viele Menschen sehen sich danach. Die drei Durchbrüche, die Laloux nennt finden sich in meinen Lernstationen: Ganzheit, Selbstorganisation, evolutionärer Sinn. Ich habe das unlängst in einem kurzen Artikel „Sinnstiftende Zusammenarbeit“ zusammengefasst.
Die Wohnprojektschmiede
In letzter Zeit hat sich wie von selbst ein neues Betätigungsfeld aufgetan: Die Begleitung von Wohnbaugruppen. Da passt jetzt aber wirklich alles zusammen: die 35 Jahre Arbeit zur Unterstützung von Teilhabe, meine inzwischen 13-jährige Erfahrung im Wohnprojekt Wien, die Soziokratie, Dragon Dreaming und die Durchbrüche von Laloux sowieso.
Auf meiner 2. Website Wohnprojektschmiede gibt es mehr dazu
Ich habe unlängst zusammengezählt wieviele Projekte ich schon begleitet habe: Es sind inzwischen fast 20 in Österreich und Deutschland.
Vor Kurzem bin ich auch in den Vorstand der Initiative gemeinsam bauen wohnen gewählt worden. Ich finde das eine sehr angemessene ehrenamtliche Tätigkeit in den Jahren des beruflichen Ausklingens.
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