Gemeinschaftlich wohnen planen

Gemeinschaftlich Wohnen liegt ganz nahe an der Intimitätsgrenze
der Menschen – auch wenn jeder seine eigene Wohnung hat, mit einer
Eingangstür, die man zusperren kann. Weil die Nachbarn eben keine
anonymen Geschöpfe sind, die man sich lieber wegdenkt.

Gemeinschaftlich wohnen heißt, bewusst wesentliche Ausschnitte des
Lebens teilen, freiwillig und mit Freude. Die spannende
alltagspraktische Frage ist nur, wie das geht: Individualität in der
Gemeinschaft leben?

Mein Beispiel:

Und
damit es ein bisschen konkreter wird, stellen Sie sich jetzt bitte eine
Wohnbaugruppe vor, bei der 65 Männer und Frauen mitten in Wien
gemeinsam ein Haus planen und bauen lassen, in dem sie anschließend
wohnen werden. Nicht irgendein Haus: ökologisch und nachhaltig, 6 Etagen
mit Dachterrasse und Untergeschoß, 3.200m² Wohnfläche, 700m²
Gemeinschaftsräume, Gewerbeflächen etc. Das Ganze zu Bedingungen und
Preisen der Wohnbauförderung.

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Klar: Leidenschaft und Verantwortung in Bezug auf die gemeinsame
Vision hilft zum Gelingen, Vertrauen sowieso und ein wertschätzender
Umgang miteinander ist nie verkehrt.

Ist das schon genug oder glauben Sie, da fehlt noch was? Wie
entscheiden 60 Menschen eigentlich gemeinschaftlich? Wie koordinieren
sie sich, teilen sie die Arbeit auf? Ist das nicht uröde, stundenlanges
Gerede und am Schluss setzen sich die Lautesten durch oder die mit dem
größten Sitzfleisch?

Also die Herzenswärme alleine tut’s nicht, es braucht auch
Pfiffigkeit in der Struktur. Ja genau, Struktur, weil 60 Leute keine
Gruppe mehr sind, sondern längst die Größe eines kleinen Unternehmens
haben. Und es braucht Leichtigkeit und Verlässlichkeit bei dem, was
getan wird.

Zählen wir zusammen, wir brauchen 7 Sachen damit es gelingen kann:
  1. Hardware: Bauplatz, Finanzierung und ein professionelles und vertrauenswürdiges Bauunternehmen
  2. Architekten, die bereit und fähig sind, sich auf gemeinsame Planung einzustellen
  3. Menschen, die Individualität in der Gemeinschaft leben wollen, möglichst vielfältig zusammengesetzt
  4. Jede Menge Herzenswärme, in all ihren Schattierungen
  5. Einen Schöpfungsprozess für eine kraftvolle und tragfähige
    gemeinsame Vision und die Planung des ganzen Vorhabens, zum Beispiel
    mit Hilfe von „Dragon Dreaming“
  6. Einen inneren Aufbau der Gemeinschaft der partizipativ und
    demokratisch angelegt und robust genug ist, um den menschlichen
    Schwächen und Auf-und-Abs zu trotzen.
  7. Eine Art und Weise der Zusammenarbeit, die zu guten Ergebnissen führt und Energie bringt, statt raubt.
Jetzt bin ich Ihnen eine Erklärung schuldig: Was ist Dragon Dreaming?

Dragon Dreaming ist das ganzheitliche Projektdesign-Konzept des
Australiers John Croft: Jedes Dragon Dreaming Projekt durchläuft vier
Phasen: Träumen, Planen, Handeln, Feiern und in diesen Phasen eine
Vielzahl von Schritten und Prozessen. Träumen und Feiern, das ist in
Projekten ungewöhnlich und zugleich so wichtig. Der philosophische Kern
und gleichzeitig eine der Ursachen, warum Dragon Dreaming so gut für
Gemeinschaftsprojekte passt, ist die Betonung einer gelebten
WIN-WIN-Kommunikation.

In jeder Wohnbaugruppe versammeln sich in der Pioniergruppe zunächst
sehr unterschiedliche Träume. Es ist wichtig, mit Dragon Dreaming die
individuellen Träume der Einzelpersonen zugunsten eines neuen,
gemeinsamen Traumes der Gruppe sterben zu lassen. Dieser gemeinsame
Traum schafft die Energie und die Anziehungskraft für die weiteren
Mitbewohner. Der gemeinsame Traum baut auch die Motivation für den
Kraftakt auf. der gebraucht wird, um die nötigen architektonischen und
sozialen Konzepte zu entwerfen und auch entschlossen umzusetzen.

Leidenschaft, Verantwortung, Vertrauen und Wertschätzung sind
gleichzeitig Ausgangspunkt und Ergebnis einer gelingenden Zusammenarbeit
einer Gemeinschaft.

Kehren wir zu unserem Beispiel zurück.

  • Wir sind im Dezember 2013 eingezogen
  • Die Gemeinschaft hat die Alltagstauglichkeit bestanden, es war und ist viel zu tun, aber es fühlt sich großartig an.
  • Wir sind zu einem Vorzeigeprojekt geworden. über das gerne und
    viel geschrieben wird und sind seither von gefühlten 10 000 Menschen besichtigt und bestaunt worden ist. Ein Beispiel dafür, dass Träume wahr werden können!

Link zum Wohnprojekt:  www.wp-wien.at

(Dieser Artikel ist erstmals in der Schweizer Zeitschrift „Zeitpunkt“ Nr. 127 erschienen)

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